Am nächsten Morgen hält Jürgen nichts mehr – er muss zu Braud & Co.! Kaum auf den Beinen, stürmt er los zum Bäcker und schon von weitem riechen den Duft von frisch gebackenem Brot, süßem Gebäck und Zimtschnecken, der in der Luft liegt. Mit prall gefüllten Tüten setzen wir uns an den Fuß der Hallgrímskirkja, lassen uns die warmen Zimtschnecken auf der Zunge zergehen und Jürgen kann seine Tränen kaum noch zurückhalten: Er ist unfassbar dankbar, dass er es bis nach Reykjavík geschafft hat, dass er diesen Moment erleben darf und dass seine Willensstärke ihn genau hierher getragen hat.


Gestärkt spazieren wir weiter über die bunte Regenbogenstraße und machen einen Abstecher ins Rathaus. Dort betrachten wir das große Modell von Island und erkennen bekannte Berge, Täler und Schluchten wieder. Als wir die Höllenheidi entdecken, müssen wir lachen – ausgerechnet an unserem ersten Tag in Island wollten wir diesen Brocken in Angriff nehmen. Ein bisschen blauäugig, aber vielleicht genau die Art von Mut, die man für so eine Reise braucht.
Dann zieht es uns weiter. Wir verlassen die Stadt und fahren nach Grindavík, dorthin, wo der letzte Vulkanausbruch tobte. Die schwarzen Lavamassen, die sich ihren Weg über Straßen gebahnt haben, lassen uns sprachlos zurück. Scharfkantig, bedrohlich und doch faszinierend liegt die erkaltete Masse da, dahinter Geisterstädte, die so verlassen und gespenstisch sind, während sich die Natur bereits vieles zurückgeholt hat: viele Straßen sind aufgerissen und bis zu einen Meter abgesackt. Ein Bild der Vergänglichkeit und der Macht der Erde.


Von Grindavík aus machen wir einen Abstecher zur Blauen Lagune, allerdings nur als Zuschauer. Skurril wirkt es, die Menschenmengen dort zu sehen, während wir eine große Liebe für wilde Badestellen entwickelt haben. Unsere Fahrt führt uns nach Hveragerði, ein Tal, das für seine heißen Quellen und den heißen Fluss bekannt ist. Auf dem Campingplatz erzählt uns ein junger Mann, dass gerade ein großes Fest für die isländischen Fabelwesen stattfindet, bei dem sich die Anwohner verkleiden. Wir wandern ein Stück und finden einen Fluss mit einem heißen Wasserfall. Zwei Frauen baden lachend darunter, ein Geheimtipp, offenbar ston nur den Isländern bekannt. Ringsum dampfen die Berghänge, weiße Wolken steigen aus dem Boden und Schwefelgeruch liegt in der Luft. Es ist, als ob tief unter der Erde die Zwerge emsig ihre Arbeit verrichten würden. Für uns ist das hier Ort voller Zauber, an dem sich Natur und Mythos mühelos verweben. Und während wir dort stehen, spüren wir es deutlich: unsere Reise wendet sich. Der Weg führt uns nun nach Osten und der Rückweg beginnt. Ein seltsames Gefühl und doch sind wir dankbar, jeden Tag aufs Neue im Hier und Jetzt die Schönheit Islands erleben zu dürfen.

