Nach unseren Tagen in Raufarhöfn brechen wir in Richtung Ásbyrgi auf, eine Strecke, die es wirklich in sich hat. Schon kurz nach dem Start merken wir, dass dieser Tag uns alles abverlangen wird: Wir rumpeln über endlose Holperpisten, stellen uns dem eiskalten Gegenwind und strampeln uns vorbei an zahlreichen Seen auf der einen und dem Meer auf der anderen Seite bis hin zum nördlichsten Punkt Islands. Immer wieder passieren wir Küstenabschnitte, an denen angeschwemmtes Strandgut liegt, das uns mehr als einmal zum Anhalten zwingt. Auf unserer Strecke passieren wir zahlreiche Eiderenten, die trotz der rauen Umgebung wirken, als hätten sie es erstaunlich warm. Der Wind vom Meer pustet uns unbarmherzig entgegen, macht die Strecke noch härter und zwingt uns, und Kilometer für Kilometer weiterzukämpfen. Wir sehen kaum Häuser weit und breit und fragen uns, wie die Menschen hier wohl vor hundert Jahren gelebt haben müssen.

Während wir in die Pedale treten, wird uns klar: diese Strecke ist wieder ein Sinnbild für Geduld. Auch in der Krankheit hatten wir viele Wege, die wir in Einsamkeit gegangen sind, Zeiten, in denen es nur ums Aushalten ging und in denen wir uns in den Tiefen unserer Krankheit sehr allein gefühlt haben. Als wir nebeneinander herfahren, schauen wir uns gegenseitig an und erkennen, dass der Gegenüber gerade wohl über das selbe nachdenkt: gut, dass wir die Herausforderung, Island mit dem Fahrrad zu bereisen, gemeinsam schaffen. Zusammen als Team.

Stundenlang kämpfen wir uns weiter gegen den Wind an, bis wir endlich einen kleinen Bergkamm erreichen. Genau in diesem Moment setzt Nieselregen ein und plötzlich verändert sich auch der Boden unter uns: das Gestein wird aschenschwarz. Wir fahren über vulkanische Asche, die durch den Regen glatt und schmierig wirkt, sich aber überraschenderweise ziemlich gut befahren lässt. Wir rollen hinab wir ins Tal und machen schließlich an einer kleinen Kirche Rast, um uns zu sammeln.

Von dort ist es nicht mehr weit bis zum Campingplatz in Ásbyrgi. Und was für ein Platz das ist! Völlig durchnässt und durchgefroren rollen wir über den Schotterweg und finden uns zwischen riesigen Gesteinswänden in einem Canyon wieder. Bei strömendem Regen bauen wir unsere Zelte zwischen den Bäumen auf, spannen eine Plane über einen Picknicktisch und entdecken einen sogar Trockenschrank, in den wir einiger unserer Textilien hängen. In unserem provisorischen Lager machen wir es uns so gemütlich, wie man es nach einem Tag voller Regen, Wind und endloser Kilometer nur sein kann.