Der Regen hat nachgelassen, wir bauen unsere Zelte ab und starten gut gelaunt und hoch motiviert in Richtung Osten. Unser heutiges Ziel ist Vopnafjörður, eine kleine Stadt direkt an einem Fjord gelegen. Doch obwohl der Tag vielversprechend startet, merken wir schnell, dass nicht alles immer nach Plan läuft. Wir stehen vor der Hellisheiði, der sogenannten Höllenheidi, einem Berg mit ca. 650 Höhenmetern und einer Steigung von 15%. Hatten wir schon gedacht, dass der Berg von Seyðisfjörður nach Egilsstaðir an unseren Kräften zerrt, müssen wir uns mit einem Blick nach oben nach 25 km eingestehen, dass wir die Höllenheidi nicht bezwingen können. Wir sind enttäuscht und auch ein wenig traurig darüber, dass wir bereits am zweiten Tag an einer Herausforderung scheitern. Wenn wir jetzt schon nicht mehr weiterkönnen, wie sollen wir dann die nächsten Tage schaffen? Und wie sollen wir es bis ganz in den Norden schaffen, wenn Hellisheiði unser direkter Weg dorthin ist?







An uns fährt ein australisches Paar vorbei, welches anhält und unsere Fahrräder bestaunt. Mit großen Augen fragen sie uns, ob wir den ganzen Weg von Seyðisfjörður bis hierher mit den Fahrrädern gefahren sind, was wir bejahen. Und plötzlich wird uns klar: Es geht gar nicht darum, alles auf Anhieb zu schaffen. Sondern darum, eine Lösung zu finden. Das erinnert uns an die Zeit unserer beider Krankheiten, in denen es zahlreiche Momente gab, die uns unsere ganzen Kraftreserven gekostet hatten. Türen wurden vor unseren Augen geschlossen und Wege, die wir eigentlich hatten gehen wollen, waren plötzlich unbetretbar. Aber genauso wie wir den Krebs besiegten – auf unsere eigene Weise – gehen wir auch diese Höllenheidi an: Wir lassen uns vom Landsend wieder bergab rollen, genießen die traumhafte Aussicht und sind stolz auf uns, dass wir es bereits bis hierher geschafft haben. Stehenbleiben ist nämlich keine Option, in der Krankheit nicht und auch nicht jetzt in Island. Wir haben es bis auf die Höllenheidi geschafft, wenn auch nur zum Teil, aber besonders haben wir es bis nach Island geschafft. Ganz ehrlich: Wir sind verdammt stolz auf uns!







Auf dem Weg zurück nach Svartiskógur sehen wir unsere ersten Islandpferde, fahren an heimischen Schafen vorbei und erreichen abends den Campingplatz. Dort stoßen wir auf Pielow, der Johanna und Mirja, Jürgens Töchter, in den Zwischenzeit aus Höfn abgeholt haben, wo die beiden von Reykjavík aus mit den Bus hingefahren sind. Wir sind vollzählig, die Nacht bleibt hell und wir wissen: Wir finden schon noch eine Lösung für die Höllenheidi.