Im Leben gibt es viel Ungewissheit. Dinge, die außerhalb der eigenen Kontrolle passieren, Ereignisse, die nur von außen beobachtet werden können. Unsere Island-Reise ist zum Teil auch eine dieser von Ungewissheit geprägten Gelegenheiten. Eine Reise, die zwar über zwei Jahre von einer Idee zu einem festen Plan herangewachsen ist, die aber erst durch plötzliche Schicksale entstanden ist. Es ist der Krebs gewesen, der uns beide, Jürgen und Silke, zusammenbrachte, als wir uns 2023 in der Reha-Klinik Hamborn kennengelernt hatten. Eine Krebserkrankung ist immer eine Zeit der Ungewissheit, die uns beiden aber eines sehr Wichtiges mitgegeben hat: dass das Leben zu kurz ist, um etwas aufzuschieben. Und als der Island-Countdown seinen letzten Tag herunterzählt, wir unsere Fahrräder auf dem Fahrradträger festzurren, und unseren Wohnungen für die nächsten drei Wochen „Tschüss“ sagen, können wir es selbst noch gar nicht richtig glauben, dass es wirklich losgeht. Wir fahren nach Island. Wir befahren Island mit dem Fahrrad. Wir tun das wirklich!
Ab Lübeck begleitet und Hans-Ulrich Pielow, ein befreundeter Islandreiseleiter, Lehrer und Geologe, der uns mit seinem Wissen und einem Begleitfahrzeug in den kommenden Wochen ergänzen wird. Gemeinsam fahren wir nach Dänemark, genauer gesagt nach Hirtshals. Wir kommen am Tag vor der Fährfahrt spät abends an und werfen einen sorgenvollen Blick auf die See, die vor der Stadt liegt: sie ist rau und scheint beinahe so aufgeregt zu sein wie wir. Am nächsten Morgen sehen wir zum Glück, dass die Wellen nicht mehr so hoch sind. Wir haben eine entspannte Überfahrt mit einem kurzen Zwischenhalt auf den Faröer Inseln. Auf der Fähre lernen wir Petra und Chrissi kennen, zwei Frauen, die ebenfalls Island mit dem Fahrrad erkunden werden.





Nach zwei Tagen Fährüberfahrt, haben wir endlich Land in Sicht. Die Einfahrt in den Fjord lässt unsere Vorfreude weiter ansteigen und als wir endlich isländischen Boden in Seyðisfjörður unter den Füßen spüren, müssen wir uns erst einmal einander in den Arm kneifen. Unser Abenteuer Island beginnt! Und zwar gleich mit der ersten Herausforderung: der Berg, der uns nach Egilsstaðir führt, hat eine Steigung von knapp 10%. Petra und Chrissi begleiten uns ein Stück und so bezwingen wir nicht nur den Berg, sondern erreichen auch Stunden später endlich Egilsstaðir, wo wir einen kurzen Stopp an einem atemberaubenden See machen. Chrissi erzählt uns dabei, dass ihr Sohn Joshua mit einem Freund ebenfalls eine Fahrrad-Tour macht, bei der sie um die Welt reisen. Auf der Fahrt zu unserem ersten Campingplatz „Svartiskógur“ verabschieden sich Chrissi und Petra, wir radeln einige Zeit noch auf der vollen Ringstraße und fahren schließlich die letzten 10 Kilometer im Nieselregen weiter. Endlich angekommen auf dem mit Bäumen umsäumten Campingplatz, schlagen wir unsere Zelte auf und lassen den ersten Tag Revue passieren. Die leisen Gespräche der Isländer, die in ihren Campern neben uns nächtigen werden, verklingen, während wir stolz über unseren ersten Kilometer sprechen. Als der Regen zunimmt, ziehen auch wir uns erschöpft und glücklich in unsere Zelte zurück.









